Schriftzug
Menschen -> Lenchen Demuth. Aus dem Leben der Haushälterin von Karl Marx. -> Als ich meine Cousine besuchte

Wie ich mäi Kussine besuchd hann[1]

„Gu nòhmend, Mamma.“
„Gu nòhmend, Lenche. Wie sischd’n Du ous? és schón widda ebbes passért? Gebbd däa Sirka gaa kää Ruuh?“
„Nä, Mamma, dääne hann isch säit fòrsch Wóch némmé gesien. Nä, däa waad nédd …“.
„Ei jetz loss da doch nét jeed Woad ous da Naas ziehe. Was éss dann loss?“
„Dò waa e Mann óff da Schdròòß, däa hadd mich mem Naame ahngesproch.“
„Hasch du ne kannt?“
„Nä, denne hannisch noch nie gesien!“
„Fielläicht ous Trier?“
„Nä, dòh binn isch jò nédd fill rouskómm ousm Hous énn dem ääne Joar wo isch dòdd waa.
Nä, das waa komisch, der hadd gewuschd wie ich heische ónn wo ich wohne ónn wer du bischd ónn sogaa wer de Babba waa. Wie isch gefròòd hann, woher er dadd wischd, hadda gesaad, daß mia fawand wääre. Er wäär mäi Kusseng, hadda gesaad. Dann heische Sie aach Demuth, hann ich gefròòd. Dò hadda gelacht und gesaad, nä, awwa säi Ururur - lòmmisch mò zeele, näin mòh ur, hadda gesaad - die wär e Demuth geween. Sechzehnhònnad-so-òn-so-vill. Onn der Urur-Oma Elisabeth ieja ääna Bruda war e Johann ónn fónn äänem fón dem säina Ururur - wääs nemmee wiffel - Engele wäa ähna de Babba geween.“
„Ou, der hadd sich awwa gudd ouskannt.“
„Ei, er hadd gesaad, er hädd bäim Paschdoor én die Bischa geguckt!“
„Bäim Paschdoor? Bäi uusam? Bäim Creins? Der wo die Naas so hoch treeht? Ou, dann kennda awwa die réschdische Läid. - On wadd wóllder fón dia?“
„Der hat nua Sache gefrood. Ob ich dòh én demm Hous óff die Weld kómm bin. Jòh, hann isch gesaad. Ob isch ém Dom gedääft woa bin. Jòh, hann isch gesaad, awwa dadd wääsisch nua, weil die Mamma mia dadd fazeelt hadd. Wann ischet easchde mòò nòò Trier kómm bin ónn wie. Isch hannem dann fóm Kattarina fazeelt, wie dadd hinkómm es, wie’s noch so klään waa. Onn dann koatz beim Dschenny säina Módda waa. Onn die gefròòd hadd, ob se nédd aach e Blatz fòh misch hädde. Warómms Kattarina dòdd óffgeheert hadd, wóllda wésse. Dadd hannischem nadeerlich nédd gesaad, dadd geht jòh némand ebbes ahn.
Nòh der Sach fòa fäadseen daach hatta aach gefròòd. Ich hannsem so fazeelt wie dem Herr Aaaua aach.“
„Hasch jòh réschdisch lang méddem gespròòchd.“
„Das waa komisch, der hadd laufend óff so e komischa Spichel geguckt, wo-a énn da Hand gehall hadd. Ich wóllt jòh aach mòh dróffgugge awwa er had ne hoch gehall ónn ma nua die Réggsäid gezait. Dann hadda mém Doume dróff gedréggd ónn dann hadds e komischer Ton genn ónna hadd gelachd“.
„Onn fòwadd hasche dann eewe so kòmisch geguggd?“
„Ei, der éss óff ähmò faschwónn. Hadd mich nòòm klään Anna gefròòd ónn wäa säi Babba éss, dòh hódda bäi mia de Finga em réschdische Loch. Ich wólld em grad saan dass ne de Däiwel holle sólld, dòh hadds gerómbeld ónn geblizzt ónns had kòmisch geróch - ónna waa némma dò. - Stell de mò fòa, de Däiwel hadd ne wäaglisch geholl …?“

Das Geschbrääch zwische Módda ónn Dochda éss nirgens óffge-schrieb wòa. Laida had mäi Zaitmaschin nua ähn ähnzisch mò fungzioniat, ónn die Billa wo isch méddem Hendi gemachd hann, sénn all nix wòa. Schade.

[Unsere Mundart kennt nicht das geschriebene Wort. Deshalb habe ich ihn in einer speziellen Lautschrift verfaßt, wobei die Zeichen über den Vokalen den Lauten des Französischen folgen:
é = betontes „e“, ó = betontes „o“, è ähnlich „ä“, ò wie in „Boss“. In der Überschrift: „besucht“ mit kurzem „u“ wie in „Flucht“]

Am besten, Sie lesen den Text laut!

Oder die „Übersetzung“ auf der nächsten Seite.

Als ich meine Cousine besuchte

„Guten Abend, Mama.“
„Guten Abend, Helena. Wie schaust Du denn aus? Ist schon wieder etwas passiert? Gibt der Sirker denn gar keine Ruhe?“
„Nein, Mama, den habe ich seit vergangener Woche nicht mehr gesehen. Nein, der ist das nicht gewesen …“
„Aber jetzt laß Dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Was ist denn los?“
„Da war ein Mann auf der Straße, der hat mich mit meinem Namen angesprochen.“
„Kennst Du ihn?“
„Nein, ich habe ihn nie zuvor gesehen.“
„Vielleicht von Trier her?“
„Nein. Während des einen Jahres, das ich in Trier war, kam ich ja nicht viel aus dem Haus. Nein, das war komisch. Der wußte, wie ich heiße und wo ich wohne und wer Du bist und wer Papa war. Als ich ihn fragte, woher er das wüßte, sagte er, wir seien verwandt. Er sei mein Cousin, sagte er. Dann heißen Sie auch Demuth, fragte ich. Er lachte und sagte, nein, aber sein Ururur - laß mich nachzählen, er sagte „neun mal ur“, - die sei eine Demuth gewesen. Sechszehnhundert ungrad. Und ein Bruder dieser Ururgroßmutter Elisabeth hieß Johann, und dessen Ur - ich weiß nicht mehr, wieviele „ur“ - Enkel sei Vater gewesen.“
„Nun, der kannte sich aber gut aus.“
„Ja, er sagte, er habe die Bücher des Pfarrers gelesen.“
„Des Pfarrers? Unseres Pfarrers? Pfarrer Creins? Der die Nase immer so hoch trägt? Also dann kennt er wirklich die richtigen Leute. - Und was wollte er von Dir?“
„Der hat viele Fragen gestellt. Ob ich in diesem Haus zur Welt gekommen sei. Das habe ich bejaht. Ob ich im Dom getauft worden sei. Ja, sagte ich, aber das weiß ich nur, weil Mutter es mir erzählt hat. Wann ich zum ersten Mal nach Trier gekommen sei und wie. Ich habe ihm von Katharina erzählt, wie sie hinkam, als sie noch sehr klein war. Und dann kurz im Haushalt von Jennys Mutter diente. Und dort gefragt hat, ob man eventuell auch eine Stelle für mich hätte. Warum Katharina dort aufgehört hat, wollte er wissen. Das habe ich ihm natürlich nicht erzählt, das geht ja auch niemanden etwas an. Nach der Sache vor 14 Tagen hat er auch gefragt. Ich habe es ihm genauso erzählt wie dem Herrn Auer.“
„Du hast Dich ja richtig lange mit ihm unterhalten.“
„Das war komisch - er hat die ganze Zeit auf einen seltsamen Spiegel geschaut, den er in der Hand hielt. Ich wollte ja auch draufschauen, aber er hat ihn in die Höhe gehalten und mir nur die Rückseite gezeigt. Dann hat er mit dem Daumen drauf gedrückt, es gab einen seltsamen Ton, und er hat gelacht.“
„Und warum hast Du eben so seltsam geguckt?“
„Weil er plötzlich verschwunden ist. Er fragte mich nach der kleinen Anna und wer ihr Vater gewesen sei, da war er bei mir an die Richtige geraten. Ich wollte ihm gerade sagen, daß ihn der Teufel holen soll - da gab es ein Donnern, und es blitzte und roch seltsam - und er war nicht mehr da. --- Stell Dir vor, den hätte wirklich der Teufel geholt?“

Dieses Gespräch zwischen Mutter und Tochter hat sich nirgends schriftlich niedergeschlagen. Leider hat meine Zeitmaschine nur ein einziges Mal wirklich funktioniert, und die Fotos von Lenchen, die ich mit dem Handy geschossen habe, sind alle nichts geworden. Schade.



[1] Inspiriert durch Jack McDevitt, Zeitreisende.

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