Historischer Abriß
von Alfons Klein, Remmesweiler
(seinem Nachlaß entnommen und geringfügig korrigiert)
Nach dem Sturz Napoleons versammelten sich die europäischen Fürsten und Staatsmänner zum Wiener Kongreß, der vom 18.9.1814 bis 9.6.1815 andauerte. Sie entschieden über die Umgestaltung Europas nach den großen Kriegen. Den Vorsitz führte der österreichische Staatskanzler Metternich.
Die französischen Grenzen waren bereits im ersten Pariser Frieden am 30.5.1814 auf den Umfang von 1792 festgelegt. Einige Rheinbundstaaten hatten sich durch Sonderverträge ihren Länderbestand gesichert. Preußen beanspruchte ganz Sachsen, erhielt schließlich dessen nördlicher Teil. Es wurde ferner durch erhebliche Erwerbungen am Rhein dafür entschädigt, daß Russland einen großen Teil slawischen Gebietes Polens bekam.
Aus dem Gebiet, das Preußen im Rheinland erhielt, wurde ein Teil mit 69 000 Einwohner ausgeschieden. Damit sollten Entschädigungen an fünf Bundesfürsten geleistet werden. Darunter befand sich auch der Herzog Ernst von Sachsen Coburg. Der Herzog hatte sich Verdienste bei der Kriegsfthrung gegen Napoleon erworben, außerdem hatte er ein eigenes Truppenkontingent zur Verfügung gestellt. In der Hauptsache war es auch die treue Hilfe, die der Coburger auf dem Kongress der Politik Metternichs in der sächsischen Frage gegen Preußen geleistet hatte.
Nach dem Rheinübergang Blüchers waren die Rheinlande unter eine provisorische Verwaltung gestellt. Für unser Gebiet wardie österreichisch- bayerische Landes-Administrations-Kommission mit dem Sitz zu Kreuznach zuständig. Im April 1815 gab der preußische König Befehl die Besitzergreifung derjenigen Gebiete, die ihm durch den Wiener Kongreß zugesprochen waren, vorzunehmen. Für denjenigen Bezirk, das der Herzog von Coburg erhalten sollte, entband er aber im folgenden Jahre die Einwohner von ihrer Untertanenpflicht.
Am 11. Setember 1816 unterzeichnete Herzog Ernst I. die Besitzergreifungsurkunde. Die Huldigung seiner neuen Landeskinder fand am 15. Oktober zu St. Wendel statt.
Die Stadt Coburg, die nunmehrige Regierungshauptstadt de neugeschaffenen Fürstentum Lichtenberg, hatte 1531 Stadtrechte erhalten. Sie war 1353 an die Wettiner gekommen, die sie im 16. Jahrhundert zur Residenz ausgestalteten. Im Machtbereich dieses Geschlechtes war es durch Teilungen zur Bildung kleinerer Herzogtümer gekommen. In Coburg regierte seit 1734 das Haus Sachsen-Coburg-Saalfeld. Der jetzige Landesherr war Herzog Ernst I., der im Jahre 1806 von seinem Vater das Herzogtum übernommen hatte. Er war mit der einzigen Tochter und Erbin des Herzogs Friedrich IV von Gotha-Altenburg verheiratet. Nach dessen Tode vereinigte im Jahre 1825 Herzog Ernst die beiden Herzogtümer als Sachsen-Coburg und Gotha.
Das neu entstandene Fürstentum wurde nach der Ruine der Burg Lichtenberg bei Kusel benannt: Fürstenthum Lichtenberg.
Es wurde aus Teilen der ehemaligen französischen Kantone Baumholder, Grumbach, Kusel, Ottweiler, St. Wendel und Tholey gebildet. Als Regierungssitz wurde St. Wendel bestimmt.
Die Neueinteilung sah drei Kantone vor: St. Wendel Baumholder und Grumbach. Der Kanton St. Wendel bestand aus den Bürgermeistereien St. Wendel, Namborn, Urexweiler, Werschweiler und Bliesen. Zur Bürgermeisterei St. Wendel (Land) gehörten die Gemeinden Dörrenbach, Grügelborn, Haupersweiler, Leitersweiler, Mainzweiler, Niederlinxweiler, Oberlinxweiler, Oberkirchen, Reitscheid, Remmesweiler, Roschberg, Steinbach, Urexweiler, Urweiler, Werschweiler, Wetschhausen.
Um eine Übersicht zu bekommen, in welchem Zustande die einzelnen Gemeinden ihres neu erworbenen Fürstentum sind, ordnete die Regierung am 18.9.1816 die Anfertigung einer umfangreichen statistischen Erhebung an. Die hier erteilten Auskünfte beziehen sich auf alle Lebensbereiche der Bewohner des Gebietes.
Auch im kirchlichen Bereich kam es zu einer Neueinteilung.
Während in französischer Zeit durch die Bulle des Papstes Pius VII. vom 29.11.1801 sämtliche bestehenden Diözesen aufgehoben und entsprechend der Grenzen der Departements neugegliedert wurden, fällt in die Koburger Zeit die Neuentstehung der heutigen Diözese Trier. Ihr Gebietsumfan wurde durch die Bulle De salute animarun vom 16.7.1821 festgelegt. Sie umfaßt die preußischen Regierungsbezirke Trier und Koblenz und die eingeschlossenen sachsen-coburgischen, oldenburgischen und hessen-homburgischen Landesteile.
Evanglischerseits wurde in den neuen preußischen Gebieten
am Rhein 1816 zwei Konsistorien in Köln und Koblenz gegründet, die 1826 zum Konsistorium Koblenz zusammengefaßt wurden.
1817 wurden in Anlehnung an die Grenzen der alten Konsistorial Kirche die Kreissynode ins Leben gerufen. Dem Fürstentum Lichtenberg, bestehend aus lutherischen und reformierten Gemeinden, entsprach die Synode gleichen Namens. Nachdem es am 21.7.1920 zur Union zwischen Lutheranern und Calvinisten gekommen war, kam die Synode Lichtenberg 1834,als das Gebiet als Kreis St. Wendel zur Rheinprovinz, Regierungsbezirk Trier kam, in den Verband der Evangelischen Kirche im Rheinland und erkannte damit auch deren Bekenntnis an.
Die Regierung versuchte, in der Landesverwaltung eine Reihe von Verbesserungen vorzunehmen. In St. Wendel wurde eine vollberechtigte Lehranstalt mit einem Lehrerseminar gegründet. In den Ortschaften wurde ein geordnetes Schulwesen anbefohlen und für die Einsteilung von Lehrern Sorge Tetragen; Die am. 4.9. 1824 erlassene Volksschulordnun wird für jene Zeit als vorbildlich bezeichnet.
Bei der Übernahme des Landes befanden sich die Wege in einem so schlechten Zustand, daß sie kaum befahrbar waren. Die Verordnung vom 21.4.1818 suchte eine Besserung herbeizuführen. Es wurden Pläne für durchgehende Straßen ausgearbeitet.
Die Strassen des Fürstentums wurden nach Klassen eingeteilt und entsprechende Maßnahmen zu ihrem Ausbau beschlossen.
Es wurde ein Straßenaufseherkorps gebildet, daß 1833 13 Straßenwärter beschäftigte. Den Gemeinden fiel die Aufgabe zu, entsprechend der Landesverordnung, die Baumaterialien anzufahren und Handarbeiter zum Planieren und Versteinen der Straßen zu stellen.
Besondere Fürsorge kam den Brücken zu. Viele waren 1816 derart baufällig, daß sie nicht mehr ohne Lebensgefahr benutzt werden konnten. Es kam des öftern vor, daß Menschen und Tiere abstürzten. Der Verwaltungsbericht von 1833 nennt die Erbauung von 17 Brücken im Fürstentum.
Schon in der Wiener Kongreßakte war bestimmt worden, daß die bedachten Fürsten, deren neue Landesteile weit von ihren Stammländern entfernt waren, diesen Zustand durch Tausch oder andere Maßnahmen verändern könnten. Die Tatsache, daß in den dreißiger Jahren Unruhen im Fürstentum entstanden, beschleunigte wohl die Verkaufsverhandlungen mit Preußen.
Am 31. Mai 1834 kam es zum Abschluß eines Kaufvertrages zwischen beiden Ländern. Der Coburger erhielt zunächst eine Rente, die dann aber durch eine Kapitalabfindung von 1.200.000 Thalern abegelöst wurde.
Der König von Preußen nahm am 15. August 1834 Besitz von dem Fürstentum Lichtenberg und verleibte es seinem Staat mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit ein. Durch eine Kabinettsorder vom 25. März 1835 wurde das bisherige Fürstentum Lichtenberg als Kreis St. Wendel dem Regierungsbezirk Trier zugeteilt.
Der Kreis St. Wendel bestand aus den Bürgermeistereien Stadtbürgermeisterei St. Wendel, die Landbürgermeistereien St. Wendel-Land, Alsweiler, Oberkirchen, Burglichtenberg, Baumholder, Grumbach und Sien. Nach diesem Besitzwechsel veränderte sich die staatliche Zugehörigkeit nicht mehr.