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Der Reisige des Cusaners

 

Eine Erzählung aus der Vergangenheit St. Wendels

von J.B.

 

I.

"Kein größer Freud auf Erden ist,

denn gutes Leben han

mir wird nit mer zu dieser frit,

denn schlemmen umb und an,

dazu ein guter mut,

ich reis nit sehr nach gut

als mancher reiche bürger

nach großem wucher thut."

 

So sangen mit frischen, fröhlichen Stimmen einige reisige Knechte, welche an einem warmen Frühlingstage des Jahres 14.. von der Höhe des Gudesberges herab sich der curtrierischen Amtsstadt St. Wendel näherten. Es waren frische, kecke Gesellen, denen froher Lebensmuth aus den Augen blitzte, mit glänzenden Waffen und Harnischen, auf welchen das Zeichen des Krebses als Wappen prangte.  Man sah es ihnen an, daß sie im Dienste eines großen Herrn standen, und daß sie sich dieser Ehre wohl bewußt waren.

 

Nur einer, ein schlankgewachsener, junger Mann, welchen der wallende Federbusch an dem Helm und der reichverziehrte Sattel als den Anführer der kleinen Schaar kennzeichneten, nahm an der allgemeinen Fröhlichkeit keinen Theil. Sinnenden Auges, beinahe traurig, schaute er von der Höhe des Hügels hinab auf das Thal.

 

Es war ein schönes Bild, welches sich hier, von der warmen Frühlingssonne beleuchtet, dem Blicke darbot. Dort an einem Abhange lag das Städtchen St. Wendel, stark befestigt mit Mauern und Thürmen. Hoch über alle Gebäude hinaus ragte die stattliche Kirche des heiligen Wendelin des Schutzpatrons der Stadt und die kurfürstliche Burg. Silberadern gleich schlängelte sich die Blies mit ihren Zuflüssen durch blühende Wiesenthäler, an welche sich wohlgepflegte Gärten anschlossen, deren Bäume den ersten Frühlingsschmuck, schneeweiße Blüten, zeigten. Rings um die Thäler ragten dunkelbewaldete Bergketten, die sich in weiter Ferne zu verbinden schienen und den ganzen Gesichtskreis wie mit einer Schutzmauer umgaben.

 

Träumerisch schaute der junge Mann hinauf auf die Erker und Thürme des Städtchens.

 

"Sei mir gegrüßt, Heimath meiner Väter und Stätte meiner Wiege", murmelte er plötzlich, und sein Auge wurde feucht. "Lange habe ich mich gesehnt, dich wiederzusehen. Vier lange Jahre ist es her, daß man mich verbannt hat, gebrandmarkt mit dem Fluche des Diebstahls."

 

"Wohl kann ich allen frei in's Auge schauen und brauche nicht nicht Wimpern zu senken," fuhr er nach einer Weile fort, "frei ist mein Herz von jeder Schuld, und geachtet im Dienste eines hohen Herrn kehre ich zurück. Doch noch ruht der Verdacht der Schuld auf mir, und mein Fuß zögert, die Schwelle zu übertreten. – ob sie des Heimathlosenwohl noch gedenkt, die holde Jungfrau, die mein ganzes Sinnen erfüllt eit der Zeit meiner Verbannung. Möge Anna über mich urtheilen und mein Schicksal besiegeln. Wenn sie mich verstößt, will ich weiter wandern und nie mehr die heimathlichen Fluren betreten."

 

"Holla, Herr" brummte in diesem Augenblicke ein alter bärtiger Geselle, der neben ihm ritt, "der Weg zur Stadt führt nicht durch den Graben."

 

Man war an der unteren Pforte angelangt, und der Träumer wäre beinahe in die Tiefe des Wallgrabens hinabgestürzt.

 

"Viel Dank, mein lieber Klaus", erwiederte er mit melodischer Stimme; "die Erinnerung hat mich einmal wieder überwältigt und war die Ursache meiner Zerstreutheit."

 

In der Stadt schien man die Fremdlinge erwartet zu haben. Denn Heinz Steinmetz, der alte Thorwächter, humpelte schnell aus einer Höhle, in der er ich hinter einem Krug Gudesberger Wein güthlich gethan, um die rasselnde Zugbrücke niederzulassen und den Ankömmlingen das Thor zu öffnen. Zwar war es nicht der edelste unter seinen Brüdern, der Rebensaft, welchen die Abhänge des nördlich von der Stadt gelegenen Hügels durstigen Kehlen spendeten. Doch auch in seinem Innern glühte verborgenes Feuer und spielten neckende Kobolde, wovon die einem Glühlicht ähnelnde Nase des Thorwarts beredtes Zeugniß ablegte. "

 

 

St. Wendeler Volksblatt Nr. 18 vom 13.02.1886, gefunden im Landesarchiv Saarbrücken, Notariat St. Wendel, Notar Schneider, Akt Nr. 6878 vom 10.02.1886.

 

Leider habe ich die Fortsetzung dieser Geschichte über Nikolaus von Kues – genannt Cusanus - bisher nicht finden können, da in keinem sonstigen Archiv dieser Jahrgang dieses Blattes vorhanden ist.

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