Bericht der Regierung als Appelationsgericht über diejenigen Zuchtsträflinge welche durch die H. Regierung einer höchsten Begnadigung würdig bezeichnet worden sind.
Jacob Collisi, 18 Jahre alt, von Gehweiler, diente als Knecht bei dem Daniel Brüger auf dem Hof zu Born, als er einem hausirenden Krämer ein Messer im Betrag von 40. Kreutzer aus dessen offenen Waaren-Kasten entwendete. Weil dessen Dienstherr Brüger ihn am Morgen des folgenden Tages wegen des Diebstahls dieses Messers zur Rede stellte, so gab Collisi das Messer sogleich demselben zurück, entfernte sich jedoch aus dem Dienst.
Collisi wurde wegen dieser That durch das vom Herzoglichen Zuchtgerichte am 1. Mai 1830 gesprochene Erkenntniß zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und zu den Prozedurkosten verurtheilt, sitzt auch zur Abbüßung der Strafe seit dem 2. Juni 1830 im Gefängnis. Der geringe Werth der entwendeten Sache, und die Jugend des Collisi hätten bei der Beurtheilung der That und deren Motiven wohl die Anwendung des Art: 463: des Straf Codex und also eine kurze Gefängnisstrafe zuweg=bringen mögen, allein das hartnäckige Leugnen des p. Collisi, obgleich der Beweis über dessen Schuld geführt worden war, mogte das Strafgericht veranlassen, durch Anwendung einer langen Strafdauer den jungen Delinquenten zum Nachdenken und dadurch zur sittlichen Besserung zu wecken. Da Collisi bereits länger als 9 Monate gefänglich eingesessen hat, so mag von dieser Abbüssungszeit wohl der nemliche Einfluß gewärtiget werden, als wenn derselbe die volle Dauer eines Jahres aushalten müßte und sowohl dieshalb als auch in Beziehung auf seine Jugend und auf den sehr geringen Werth der entwedeten Gegenstandes, erlauben wir uns Euer Herzogliche Durchlaucht den Sträfling Collisi, zur höchsten Begnadigung über die noch fehlende Strafzeit unterthänigst in Antrag zu bringen.
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Coburg den 30. April 1831
An die Herzogliche Regierung qals Appellationsgericht zu St. Wendel
... 1. dem Jacob Collisi aus Gehweiler den Ueberrest seiner ihm wegen Diebstahls zuerkannten einjährigen Gefängnisstrafe aus Gnaden erlassen ...
Quelle: MinR 832, fol. 7 und 14