Die Bevölkerung von St. Wendel
aus: Max Müller, Geschichte der Stadt St. Wendel, 1927
Die Bevölkerung.
Bis zum 19. Jahrhunderte fehlt es an einer genauen Bevölkerungsstatistik für unsere Stadt. Erst die französische Verwaltung schaffte für die reunierten Gebiete der Saarprovinz die Anfänge zu einer Volkszählung, der dann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die kurtrierische Regierung mit tastenden Versuchen folgte.
Wir sind deshalb zur Feststellung der Bevölkerungszahl unserer Stadt und ihrer Dichte auf allerhand Hilfsmittel angewiesen, die uns freilich nur eine annähernde Ziffer zu geben vermögen. Die erste Gelegenheit, eine Bevölkerungsstatistik zu gewinnen, bietet uns die öfters angeführte Urkunde aus dem Jahre 1326. Sie besagt, der Kirkel’sche Anteil am Orte St. Wendel habe die Hälfte betragen und 33 Hofstätten gezählt. Demnach waren etwa 66 grundherrliche Gehöfte hier vorhanden. Rechnet man einige Häuser von Gemeinfreien, die es zweifellos schon damals in unserm Burgflecken gab, sowie die Adelshöfe und die Wohnstätten der Geistlichkeit hinzu, so wird man ungefähr auf 80 Häuser kommen. Da Mietwohnungen damals kaum vorhanden waren, wird es wohl ebenso viele Familien in unserm Orte wie Häuser gegeben haben. Das macht, die Familie zu 6 Köpfen gerechnet, 480 Einwohner. Zu dieser Zahl tritt noch die Insassenschaft der Burg, die kaum mehr als 20 Köpfe betragen haben wird. Damit kommen wir auf eine Zahl von etwa 500 Bewohnern. Diese saßen auf einer Fläche von rund 4 Hektar.
Wir blieben weiterhin ohne jegliche Nachricht über die Anzahl der Wohngebäude bis zum Jahre 1567. Inzwischen war das alte Ortsgebiet durch die Eingemeindung der unteren Stadt mit ungefähr einem Hektar erweitert worden. Die Gebäudesteuerrolle führt in dem genannten Jahre 115 Wohnhäuser auf (Bettingen zählt irrig 150 Häuser) Rechnen wir wiederum die Familie zu 6 Köpfen, so erhalten wir 690 Personen. Dazu kommen auch jetzt die Haushalte der Geistlichen und einige Freihäuser sowie die Familie des Kellners, der mit seinen Knechten und Mägden in der landesherrlichen Burg saß. Ich glaube, daß wir mit 720 Seelen ungefähr die Wirklichkeit erreichen.
Leider versagt für das folgenden Jahrhundert unser bisher angewandtes Hilfsmittel gänzlich, da man kurz vor dem Ausbruche des Dreißigjährigen Krieges die Gebäudesteuer aufhob. Es war aber am Ausgange des 16. Jahrhunderts ein Rückgang der Bevölkerung eingetreten. Denn wir lernen eine Anzahl Hausbesitzer kennen, von denen jeder mehrere Wohngebäude in seiner Hand vereinigt oder zu einem größeren Gebäude zusammengelegt hatte. So ist es zu erklären, daß im Jahre 1611 bloß 92 Familien hier zur staatlichen Vermögenssteuer herangezogen wurden. Da die Veranlagungsgrenze sehr tief lag, so werden wahrscheinlich nur die Armen frei geblieben sein. Ferner waren die Beamten und Geistlichen unbesteuert, sodaß man wohl mit etwa 110 Familien rechnen darf. Das macht ungefähr 660 Personen.
Die erste Aufklärung über die am Anfange des 18. Jahrhunderts vorhandene Bevölke-rungszahl gibt uns eine Staatssteuerliste aus dem Jahre 1712. Diese führt 127 und das Schatzungsbuch aus 1745 gar 167 Steuerpflichtige auf. Daß wir es hier in der größeren Mehrzahl mit Haushaltungsvorständen zu tun haben, dafür sprechen nicht nur allgemeine Erwägungen, sondern vor allem auch die direkte Nachricht aus den Papieren der Familie Schwan, im Jahre 1742 habe die Stadt 175 Familien, die Beamten und Geistlichen mitgerechnet gezählt. Das macht eine Bevölkerung von ungefähr 750 Köpfen im Jahre 1712 und 1100 Köpfen im Jahre 1745.
Im Jahre 1748 ist diese Zahl, wie wir aus einer Steuerliste ersehen, auf 188 und im Jahre 1756 auf 217 Haushaltungen gewachsen. Dabei fehlen die Haushalte der Armen, der Gefreiten, der Berufsbeamten und Geistlichen, die wir bei dem sonst bezeugten Anwachsen armer Familien mit 20 ansetzen dürfen. Das entspricht für das zuletzt genannte Jahr einer Bevölkerung von etwa 1420 Personen. Die Liste von 1756 ermöglicht uns, die Bevölkerung auch zu gliedern. Denn es werden ausdrücklich 183 ganze, 32 halbe Ehen, 1 ledige selbständige weibliche Person und 1 aus Geschwistern bestehender Haushalt genannt. Aus dem Jahre 1771 haben wir eine Quartierliste, die 97 Häuser mit 1, 46 mit 2 und 16 mit 3 Familien aufweist. Das entspricht etwa 1480 Einwohnern. Diese Zahl ist aber bald gestiegen; denn im Jahre 1785 hatte die Stadt 194 Gebäude, ohne daß wir jedoch wissen, wie viele Familien in jedem Hause wohnten. In einem Magistratsprotokolle vom 8. Februar 1788 heißt es nur, in der Stadt seien 195 ganze Ehen vorhanden. Wir werden aber kaum fehl gehen, wenn wir die Einwohnerzahl am Ende des 18. Jahrhunderts auf 1500 schätzen. Im Jahre 1808 betrug sie tatsächlich 1591 Köpfe, 797 Personen männlichen und 794 weiblichen Geschlechtes. Im Jahre 1816 soll die Stadt 2500 Seelen gezählt haben. Ich bezweifele jedoch diese in einer städtischen Aktennotiz enthaltene Angabe. Denn im Jahre 1830 war die städtische Bevölkerung tatsächlich nur 2590 Köpfe stark. Wir haben dann noch folgende Aufnahmen, die im Jahre 1843 2661, 1855 3750, 1865 4000, 1875 4713, 1885 5052, 1895 5239, 1905 6227 und 1910 6837 Einwohner ergaben. Und zwar waren in dem zuletzt genannten Jahre 3568 männliche und 3289 weibliche Personen vorhanden.
An Hand dieser Zahlenreihe können wir ein fast stetes Wachstum der Bevölkerung feststellen. Bloß die zweite Hälfte des 16. und derselbe Abschnitt des 17. Jahrhunderts zeigen niedergehende Kurven. Die stärkste Zunahme weist er Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert, und zwar das Jahrzehnt von 1895 bis 1905 auf. Am Schlusse des 19. Jahrhunderts ist mehr als die zehnfache Bevölkerung vorhanden, die wir am Anfange des 14. Jahrhunderts errechnet haben.
Für uns entsteht die Frage, welche Ursachen diese Bewegung hervorgerufen haben. Für die beiden Tiefstände des 16. und 17. Jahrhunderts liegt die Erklärung klar zu Tage. Das erste Sinken der Bevölkerung war durch den verringerten Nahrungsspielraum bedingt, der als Folge der Reformation in unserer Vaterstadt eingetreten war. Zur Handwerkerstadt entwickelt, hatte sich ihr Wohlstand auf den Wallfahrten und den damit eng verbundenen Märkten aufgebaut. Nachdem aber große Teile der benachbarten Gebiete zur neuen Lehre übergetreten waren, sanken die Wallfahrten und Märkte von ihrer einstigen Höhe herab. Die Auswirkung war ein Abwandern zahlreicher und in vielen Fällen einst wohlhabender Handwerkerfamilien aus unserer Stadt. Das machten sich die reichen Patrizier und die Grundherren zu Nutzen und begannen ihr Bürgerlegen. So sollen, wie wir aus einer Beschwerde des Stadtschreibers Küsser aus der Zeit um 1610 ersehen, der Kellner Dahm und seine Familie fast ein Viertel aller Häuser an sich gebracht haben. Der Stadtschreiber hat damit wohl nur sagen wollen, daß diese Gebäude mit Hypotheken zu Gunsten der Familie Dahm belastet waren. Mit Bestimmtheit können wir aber aus den Gebäudesteuerlisten ersehen, daß der Kellner mindestens sieben Bürgerhäuser, darunter solche größeren Umfangs, sein eigen nannte. Auch der Abt von Tholey ließ durch Mittelspersonen sieben oder acht Häuser in der Hintergasse kaufen, und die Glockenerben besaßen drei große Gebäude. Selbst die Kirche und der Stadtpfarrer Dr. Fosinger spekulierten in Grundstücken. Dieser un-gefundene Zustand währte bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Denn noch im Jahre
1659 wird erwähnt, daß Dr. Mehlbaum mehrere Häuser in der Stadt besitze. So ist die Einwohnerzahl zurückgegangen, bis sie am Schlusse des Dreißigjährigen Krieges ihren Tiefststand erreicht hat. Das ist die zweite niedrige Kurve, die wir im Jahre 1659 erwiesen haben.
Das früheste Wachstum der Bevölkerung, wie es sich in der Einwohnerzahl von 1567 ausdrückte, ist auf das Engste mit dem wirtschaftlichen Aufschwunge der Stadt verknüpft. Der Freibrief, die Erteilung der Marktrechte, die Hebung der Wallfahrten durch den Bau der prunkvollen Kirche, das alles erweiterte den Nahrungsspielraum und hob die Stellung des Bürgertums, Faktoren die der Bevölkerungszunahme zugute kommen mußten. Aber auch die vorhin erwähnten Hemmungen wurden überraschend schnell verwunden. Das 18. Jahrhundert, das aus alten Anfängen heraus hier eine blühende Tuchweberei und ein einträgliches Gerberhandwerk sowie im Kleinbürgertume die Anfertigung von allerhand Nägelsorten entwickelte, brachte eine schnelle, in ihren sozialen Wirkungen freilich oftmals geradezu beängstigende Vermehrung der Einwohnerschaft. Dazu kam die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einsetzende Aenderung der Bodenwirtschaftung, die Einführung der Kartoffel und des Kleebaues, Dinge, die die Bevölkerung vermehren mußten. Die starke Zunahme der Bevölkerung, die das 19. Jahrhundert und namentlich sein Ende brachte, aber fand ihren Grund in dem politischen und wirtschaftlichen Aufschwunge, den unser Vaterland in diesem Zeitraume genommen hat. Insbesondere wurde das Wachstum der Bevölkerung in unserer Vaterstadt durch die Eingemeindung der beiden Vororte Alsfassen und Breiten mit annähernd 800 Seelen, die Errichtung der Eisenbahnwerkstätte und die starkvermehrte Beamtenschaft bedingt. Dazu traten die hohen Geburtsüberschüsse und die ausgezeichneten Gesundheitsverhältnisse, die einen Rückgang der Sterblichkeitsziffer zur Folge hatten.
Viel schwieriger als diese Untersuchungen gestaltet sich die Frage, wie die Bevölkerung in der Zeit bis zum 19. Jahrhundert gewachsen ist. Wir müssen da von vornherein auf eine glatte Feststellung verzichten, welcher Anteil auf die natürliche Zunahme durch den Geburtenüberschuß und welcher Satz auf die Zuwanderung entfällt. Denn die noch vorhandenen kirchlichen Zivilstandsbücher setzen erst in dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts ein und sind für einen Zeitraum von fast hundert Jahren so mangelhaft geführt, daß eine auch nur einigermaßen zuverlässige Statistik auf sie sich nicht gründen läßt. Wir wissen bloß, daß die Ehen sehr fruchtbar waren und daß Witwen und Witwer fast stets zu neuen Ehen schritten, wobei alte Männer junge Mädchen nahmen. Auf der anderen Seite aber erwies sich die Sterblichkeit namentlich unter den Kindern groß, und böse Seuchen waren fast immer die Begleiter und Helfer der ewigen Wirren und Kriege des 16. und namentlich des 17. Jahrhunderts. Die Zuwanderung muß deshalb ein starker Anteil an dem Wachstume der Frühzeit zugeschrieben werden. Allerdings vermögen wir auch da die Sache nur in großen Umrissen zu erfassen, und es ist bloß ein allgemeines Bild, das wir uns von der Bewegung machen können. Wir gewinnen unsere Kenntnisse in dieser Frage fast nur aus einem Zunftbuche und dem Album der Sebastiansbruderschaft. Wie lückenhaft unser Wissen bei der Kargheit dieser Qüllen werden muß, erhellt sofort, wenn wir erfahren, daß von den Büchern der drei großen Zünfte nur ein einziges, nämlich das der Schuhmacher auf uns gekommen ist. Das Album der Sebastiansbruderschaft aber enthält selbstverständlich nur die Namen derjenigen, die aus irgend einem Grunde der Bruderschaft beigetreten sind. Besser gestaltet sich die Sache für die Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege.
Da die Familiennamen damals auch in unserer Stadt schon fest geworden waren, so vermögen wir leicht den hohen Einfluß nachzuweisen, der der Zuwanderung zufiel. Von all den Familien, die im 17. Jahrhunderte auftraten, werden nach den großen Kriegen nur mehr wenige genannt. Er erdrückend größere Teil besteht aus neuen Namen, oftmals ganz fremder Herkunft.
Der stärkste Zeitraum geschah allzeit aus den benachbarten ländlichen Ortschaften. Sie bildeten mit ihrer unverwüstlichen Lebenskraft das Becken, aus dem die Bürgerschaft, wenn auch noch so oft verbraucht, sich immer wieder ergänzen konnte. Das Album der Sebastiansbrüder und das Schuhmacherzunftbuch weisen zahlreiche Belege für unsere Behauptung auf. So werden im Jahre 1391 Congyn von Kyrwier (Kirweiler), Wilhelm von Iympach, Henrich von fuortt (Fürth), Henne von Thoellen (Tholey), Hene von Oberkirchen, im 15. Jahrhunderte Heyntzgyn Schuhmecher von Beymholdern, Hene Lauwer von Ertzwiller, Clesgin von Soittern, Cune meyntzwillers sone, Petter meyger von Lebach, petter von Keymbach (Wüstung bei Oberlinxweiler), Petter von Oirwiller (Urweiler), Heynrich arnolz steinmetz von Sinn (Sein), peter lindenbaum von Oirwiller, Clas von furt, heynrich von Breytten, Metz von Gudeswiller (Güdesweiler), Hanns becker von hoefelt (Hofeld), friedgen von crettenich (Krettenich), hans von desters (Dörsdorf), Jäckel smale snyder von rimerswiler (Remmesweiler), peter steinmetz von peselenbach (Pfeffelbach), bart lauwer von mettenich, hans beck von Furt, endreß scherer von pesselnbach und greser von oirwiller in die Schuhmacherzunft aufgenommen. Die in demselben Zeitraume aus größerer Entfernung Angekommenen verschwinden fast gegen diese Zuzüge aus der Nachbarschaft: Heyntz fincke von bieschoffshoiffen der aldt, Contzgyn smalzhassen von helborn, Wyrich von greewiller, Heinrich von sant Gangolff, hans von Odenbach genant schendel, hans von Odenbach genant Roebgyn, Petter Kallenborn, petter lauwer von Umdecke, Jorge steinmetz von Gersbach, Martin von stein Kaldenfels, ulrich Zener, flesser von Diellingen, Heinrich armster von Bernborn, johann schuwemecher von Kylburch, hans Danyel von Kübe (?), Meiester paulus von guntdorf, oyswalds hoen von malporn und balthsar sinnig von ghlen, Kursner.
Es würde ermüden, den Zuzug auch noch für das 16. Jahrhundert namentlich zu geben. Viel geringer war die Zahl der Ankömmlinge aus den Städten. Hene von Bierckenfeld, Cuntz von Oberstein, den mann nennet stuber, Herbartt der bender aus Obpenheym, ulrich von schaiffhusen, hans stauffer von Creuznach, Theobald heiden von Straßburg, heynssel sadeler von bingen, Jacob von offenburg gen. Geepfert, peter lauwer von sarbrucken, peter schuwemacher von Kucheym (Cochem), peter pollirer von andernach, heynrich streylin von ulme, erforts hans, mathis armbrost von sarbruck, hans flosser von bassauwe (Passau), hans Kobbel von Worms.
Dieser Zugang erfuhr, wenn wir auf die Verzeichnisse der Schuhmacherzunft einen Schluß bauen dürfen, in der zweien Hälfte des 15. Jahrhunderts eine starke Zunahme. Im Jahre 1462 fanden nämlich allein 14 Personen, die neuzugezogen waren, Aufnahme. In den Sippen, die damals durch Lage und soziale Stellung zu verbessern suchten, gehören die Familien Linxweiler und Tholey. Die Stadt gab ihnen nicht nur die Freiheit, sondern machte sie bald auch hablich. Eine Eintragung in dem Totenbuche der Sebastiansbrüder nennt schon im Jahre 1494 einen „†† herr Johann Tholey“. Wie die Hinzufügung des Prädikates Herr und die beiden Kreuzen dartun, war also bereits ein Glied dieser Sippe damals Geistlicher. Auch die Familie Demuth wanderte in jenen Tagen des Aufschwunges aus Schaffhausen in unsere Stadt ein, wo der erste dieses Namens Clais dyemuot der Schwiegersohn des reichen, am oberen Tore wohnhaften Kürschners Wilhelm Kneyssgin und bald auch Ratsherr und Schultheiß ward. Wie er, so setzen sich viele andere Zuwanderer durch, deren Namen wir im Schöffenstuhle finden. Der beste Beweis, daß sie aufstrebende und tüchtige Bevölkerungselemente bildeten. Fast alle diese Ankömmlinge waren Handwerker.
Die Einwanderung ging im 16. und im Anfange des 17. Jahrhunderts stark zurück. Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges hat uns nur zwei Familien gebracht, die sich bis heute in unseren Mauern gehalten haben. Im Jahre 1636 ließ sich der Hutmacher Sebastian Schlick aus Rodnitz hier nieder, dem im Januar 1647 der Schieferdecker Johannes Münster aus Dhronecken folgte. Doch kaum war der schwere Rückschlag des Dreißigjährigen Krieges halbwegs verwunden, da begann der Zuzug von neuem. So wanderten in den Jahren 1657 und 1658 23 Handwerkerfamilien, darunter acht aus dem zerstörten Wallerfangen hier ein. Um das Jahr 1684 wurde die Familie Monz durch den Schulmeister Johannes Monz aus Trier hierhin verpflanzt. Ferner erhielt unsere Vaterstadt am Schlusse des Jahrhunderts starken Zuzug aus Oberdeutschland und Tirol. Zu diesen Einwanderern, die sich bis auf unsere Tage, zum teil freilich nur in mütterlicher Abstammung hier gehalten haben, gehören die Familien Deutscher, Hallauer, Keller, Lithardt und Zangerle. Die Familie Deutscher hat sich im Jahre 1678 aus Immenstadt am Iller bei uns niedergelassen, während der Tuchmacher Hans Leonhard Hallauer um 1700 aus Solothurn in der Schweiz einwanderte. Die Familie Keller ward durch den Schuhmacher Sebastian Keller im Jahre 1704 aus Malberg im Breisgau nach St. Wendel verpflanzt. Der Wollweber Valentin Lithardt kam um 1742 aus Thann im Oberelsaß hierhin. Der letzte Tiroler Zuzug geschah wohl um 1756 in dem Handelsmanne Franz Zangerle und dem Gerber Anton Zangerle, die aus Flirsch in der Diözese Brixen stammten. Der erste hatte hier eine Tochter des Wollwebers Lithardt, der andere die Katharina Tholey geheiratet. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren auch die Familien Blum, Wassenich und Bicking in unseren Mauern wurzelfest geworden. Im Jahre 1714 siedelte der Bäckermeister Christian Blum von Baumholder sich bei uns an. Die Familie Wassenich wurde durch den aus Glan-Mühlbach stammenden Bäcker und Wirt Johann Joseph Wassenich, der am 28. April 1733 die hiesige Bürgerstochter Elisabeth Angel heimführte, in St. Wendel heimisch. Zwei Jahre später kam der Wollweber Nikolaus Bicking aus Saarlouis zu uns und heiratete die Meisterstochter Katharina Joseph (Die Familie Bicking ist hier zwar im Mannesstamme erloschen; sie lebt aber in den Nachkommen des Kaufmanns Rudolf Jochem fort).
All dieser Zustrom fand hier willig Aufnahme, da die Stadt ihren Vorteil von einem ständigen Wachstume ihrer Einwohnerschaft hatte. Wie der Magistrat um 1765 an den Kurfürsten berichtete, fand damals eine starke Zuwanderung aus den benachbarten katholischen Gebieten statt. Am 1. August 1778 meldete der Kellner, daß dermalen die Bewohner sich merklich gemehrt hätten.
Zu den Ankömmlingen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihr Glück in unserem durch seine Gerbereien und Tuchmachereien aufstrebenden Städtchen suchten, gehörten auch die Stammväter der Familien Auer, Bingemer, Ehl, Falkenstein, Gunther, Jochem, Marschall, Kockler, Ruf, Schaadt, Stauder und Trost. Die Familie Auer kam im Jahre 1757 mit dem Wollweber Anton Auer aus Ballendar hier an. Wenig später wanderte der Organist und Musikus Bingemer aus Dieburg bei uns ein. Der Schreiner Markus Ehl aus Niedaltdorf erwarb um 1770 das St. Wendeler Bürgerrecht. Um dieselbe Zeit verpflanzte der Seiler Balthasar Falkenstein einen Zweig seiner heute noch in Bingen blühenden Familie von dort in unsere Stadt. Der Stammvater der hiesigen Familie Gunther ward der aus Spiesen stammende Johannes Petrus Gunther, der im 1776 die hiesige Bürgerstochter Margaretha Junck freite. Die Familie Jochem war im Jahre 1660 aus dem Lechtale in die Pfarrei Schiffweiler eingewandert und hatte sich von dort in Neunkirchen ausgebreitet, wo sie eine aus Imst in Tirol gekommene Sippe Jochem traf. Von Neunkirchen ist sie um 1781 durch den Bäcker und Wirt Konrad Jochem, der hier die Elisabetha Demuth heiratete, in St. Wendel seßhaft geworden. Die ersten Träger des Namens Kockler treffen wir im Jahre 1458 als Freibauern auf einem Hofe zu Lisdorf an der Saar. Von dort verbreiteten sie sich nach Schwarzenholz und in einem Zweige im Jahre 1743 nach St. Wendel, dem gegen 1760 ein zweiter in dem Gerber Michael Kockler aus Rimmelbach bei Lebach folgte. Die Familie Marschall stammt aus Arlon. Um das Jahr 1750 verlegten die Eheleute Johannes Marschall und Anna Maria Collignon ihren Wohnsitz in unsere Stadt. Der Begründer der hiesigen Fa-milie Ruf wurde der Schlosser Johann Bitus Ruf, der aus Löffelstelzen im Deutschordensamte Mergentheim stammend, im Jahre 1760 die St. Wendeler Meisterstochter Anna Maria Weißgerber heimführte. Im Januar 1771 siedelte sich hier der Johann Adam Schaadt, der Stammvater der Tabakfabrikanten gleichen Namens aus Eckersweiler kommend, wo er als Leibeigener hinter dem Barone von Wrede gesessen, bei uns an. Die Familie Stauder kam mit dem Nagelschmiede Wilhelm Stauder im Jahre 1788 aus Reiskirchen nach St. Wendel. Ihrem Namen nach stammt die Familie Trost aus dem niederdeutschen Sprachgebiete. Im 18. Jahrhunderte saß sie in Echternach. Aus dieser Stadt, die schon frühe ein Tuchmachergewerbe hatte, kam der Wollweber Wilhelm Trost zu uns, wo er seines Meisters Tochter Susanne Enkrich zur Ehe gewann.
All diese Zuwanderer waren deutscher Abkunft. Nur ganz vereinzelt treten im 17. Jahrhunderte französische Ankömmlinge auf. So wird in seiner ersten Hälfte ein Tüncher Dimanche genannt, den man jedoch so gründlich eindeutschte, daß er bald unter dem Namen „Meister Sonntag“ erschien. Während der Reunionszeit saßen zahlreiche französische Beamten- und Soldatenfamilien in unserer Stadt. Ihre letzten Überbleibsel mögen in den beiden Sippen La Roche und Breton weitergelebt haben, die um 1708 hier genannt werden. Etwa zwei Jahre zuvor hatte sich hier ein welscher Strumpfstricker Claude Riotte aus St. Criox bei St. Marie aux Mines angesiedelt, der Stammvater der heute so weit verzweigten Familie Riotte. Am Anfange des 18. Jahrhunderts aber trat ein Bevölkerungselement hinzu, das bis zum heutigen Tage einen starken Einschlag in unserer Bürgerschaft bildet und lange Zeit hindurch nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die politischen Geschicke unserer Vaterstadt beeinflußte. Ich meine die italienischen Einwanderer, von denen der erste im Jahre 1710 erwähnt wird. Sein Name ist uns nicht bekannt. Er wohnte am Markte und starb am 2. September jenes Jahres. Wahrscheinlich war er ein Hausgenosse des Jakob Vacano, den wir um 1712 als Kaufmann in demselben Hause finden. Dieser stammte aus Norditalien und hatte sich, gleich den meisten seiner Landsleute von dem alten Kolonialdrange des italienischen Volkes getrieben, im Laufe des 18.Jahrhunderts in unseren Mauern angesiedelt (Jacob Vacano starb am 30. September 1747, obiit spectabilis dominus Jacobus Vacano alti judicii scabinus de Sto. Wendalino post longam infirmitatem Sacris Ecclesiae Sacramentis sapius ad ageónem confortatus. Angehörige der Familie Vacano wohnten, wie wir aus unseren Kirchenbüchern feststellen können, in Kirchberg, Kirn und Meisenheim). Um 1716 zog ein Georg Lion aus Isola am Comersee zu uns, den der Pfarrer absonderlicherweise in seinen Kirchenbüchern unter dem lateinischen Namen de Leonibus führte. Gleichzeitig finden wir die italienischen Familien Wahl und Boqui hier. Um die Hälfte des Jahrhunderts ließ sich der Kaufmann Carlo Lion bei uns nieder. Anfänglich war er Geschäftsführer bei der Witwe Vacano. Später eröffnete er ein Handelshaus am unteren Tore (Anverwandte, vielleicht Brüder Lions, saßen zu Saarburg in Lothringen und zu Trier. Lion heiratete am 15. Januar 1751 die Johanna Daniel aus Lebach – Sponsalia contraxerunt Carolus Lyon Tremidiensis et virgo Johanna Daniel ex Lebach. Danach stammte Lion von der an der Küste Apuliens gelegenen Inselgruppe Tremiti her. Lion starb hier zwischen Oktober 1786 und Oktober 1787). Der Nachfolger Vacanos ward der Handelsmann Philipp Jakob Cetto. Geboren zu Laglio am Comersee war er als Anverwandter der Vacanos zunächst in deren Geschäft tätig gewesen und hatte um 1760 das Anwesen übernommen. Der letzte Italiener, der bei uns im 18. Jahrhunderte einwanderte, war der Zinngießer Anton Ruffetti aus Bieno die Novara. Er wurde im Jahre 1791 al Bürger angenommen.
Die italienischen Einwanderer, die im 18. Jahrhunderte zu uns gekommen, hatten deutsche Frauen geheiratet und sich seßhaft gemacht. So hatte Vacano eine Maria Elisabetha Mathieu aus Pfalzburg, Georg Lion eine St. Wendelerin Anna Barabara Weber, Carlo Lion die Johanna Daniel aus Lebach, Philipp Jakob Cetto die Elisabetha Wassenich und Anton Rusetti die Witwe des Gastwirtes Konrad Jochem, eine geboren Demuth geheiratet.
Sie unterhielten mit ihren Landsleuten und Verwandten in den Nachbarstädten regen Verkehr, hoben sich gegenseitig die Kinder über die Taufe und besuchten einander an den Familienfesten. Selbst die Verbindung mit der fernen Heimat ward nicht ganz aufgegeben. Wiederholt werden Paten und Goten genannt, die, in Italien wohnhaft, durch Einheimische vertreten wurden. Und am Ende des 18. Jahrhunderts erscheinen in unserer Stadt öfters arme italienische Wandergeistliche, die wahrscheinlich ihre hiesigen Landsleute besuchten.
Die Sprache war ein gebrochenes Deutsch, wie es unsere Zinngießer heute noch reden:
Folgende Auslese aus unseren Urkunden mag das beweisen. Jakob Vacano schreibt im Jahre 1724 Nicolo = Nicola. Einnohm gelt von Eißern = Einnahmegeld von Häusern. Kirkenpension = Kirchenpension. Hausstecken = ausstechen. Kirckenpfleger = Kirchenpfleger. Holtz = Holz. Wacht Eitzer = Wachthäuser. Oßpital = Hospital. Globen = Kloben. Halt = alt. Stoben Hofen = Stubenofen. Beber = Weber. Bendel = Wendel. Packhofen = Backofen. Inergasse = Hintergasse. Bilom = Wilhelm, wohl an Guilleaume angelehnt. Halßfassen = Alsfassen. Hab = ab. Der Schultheiß verbesserte an verschiedenen Stellen die Fehler. Carlo Lion stellte im Jahre 1748 folgende Quittung aus: Daß ich undenschriebener namen frau Bittib Vacano Emefangen zu haben die Soma von 219 Gulden 41 alb wird hiemitt bescheint. St. Bendell den 2. Juli 1748. Carlo Leon. Ladentinr bey frau facano.
Aber ihre Nachkommen waren alle schon in der ersten Generation wenigstens äußerlich eingedeutscht. Der Quartiermacher für unsere Kolonie italienischer Zinngießer ist der oben erwähnte Anton Rusetti geworden. Von seiner Zeit an saßen nämlich stets Italiener, die das Zinngießen als Gewerbe betrieben, in unseren Mauern. Eine Gewerbestatistik des Jahres 1830 führt hier einen Zinngießer auf. Wenig später werden schon drei erwähnt. Einen neuen Zuwachs brachten die fünfziger Jahre. Im Jahre 1851 wurde der aus Luzogno im Königreiche Sardinien stammende Zinngießer Jakob Rhigettini als Bürger bei uns aufgenom-men. Ein Jahr später erwarb der Zinngießer Johann Giselli aus Loreglia bei Palanza unser Bürgerrecht, dem im Jahre 1857 der Zinngießer Friedrich Rinaldi aus Luzogno folgte. Zuletzt suchte der Zinngießer Nikolaus Perino aus dem eben genannten Orte im September 1863 das Bürgerrecht nach.
Dann bildeten die Zinngießer eine Fremdenkolonie, deren Angehörige sich des Erwerbes wegen hier aufhielten, indessen ihre Frauen und Kinder in Italien lebten. Das Hauptquartier unserer Zinngießer war der Graben, wo sie bescheidene Mietwohnungen inne hatten. Während der Woche zogen sie mit ihren Zinn- und Stahlwaren auf dem Lande umher. Sonntags machten sie in ihren dunkelblauen Tuchanzügen und breiten Kalabresern weite Spaziergänge. Ihre Erholung bildete die Feier der heimischen Patronsfeste. Nachdem sie durch Fleiß und Sparsamkeit ein kleines Vermögen erworben, kehrten sie in ihre lombardische Heimat zurück, indessen andere Landsleute an ihre Stelle traten. Nur wenige haben auf unserem Friedhofe das Gastrecht erworben.
Dieselbe Zeit, die uns die ersten italienischen Einwanderer herbeigeführt hatte, brachte uns auch wieder einige französische Familien. Im Jahre 1728 wanderte ein Franz Magistroll (Meistrel) ,mit seiner Ehefrau Maria Katharina Garroß bei uns ein, nachdem ihm die Stadt Ottweiler seines katholischen Bekenntnisses wegen die Aufnahme verweigert hatte. Zwei Jahre später folgte ein Pascal Wilkin und um 1750 ein Ackerbürger Paquin, der Ahne unserer heute hier noch lebenden Familie Paqué, dessen Vater zürst in Urweiler gesessen und dort am 4. Mai 1733 gestorben war. Selbst aus dem fernen Ungarn bekam unsere Stadt am Schlusse des 18. Jahrhunderts in den Familien Artner und Pfotta schwachen Zuzug.
Die republikanische Zeit hat unserer Bürgerschaft nur einen dauernden Zuwachs aus Frankreich gebracht, nämlich die Familie Dubreuil. Am 21 prairial des Jahres 1808 heiratete der aus Versaille stammende Gendarm Jacques Dubreuil die St. Wendeler Bürgerstochter Elisabetha Hallauer. Die Zugänge der nächsten Zeit bestanden hauptsächlich aus Beamten, die kamen, aber auch zu allermeist wieder gingen. Eine Ausnahme machte in der coburgischen Zeit der Regierungsrat August Martin Friedrich Sebaldt, der sich mit seiner in Pasewalk gefreiten Gattin Elisabetha Gasserin bei uns niederließ. Sie haben beide ihre letzte Ruhe auf unserem Friedhofe gefunden. Ihr Sohn, der spätere Trierer Regierungspräsident Karl Friedrich Wilhelm Sebaldt, heiratete am 21. November 1825 eine St. Wendelerin, die Anna Katharina Demuth. Auch sie haben ihre alten Tage bei uns verlebt und sind im Boden der Sprietacht zur stillen Rast gebettet worden.
Die Ankömmlinge, die im 19. Jahrhunderte hier seßhaft wurden, bestanden hauptsächlich aus jungen Handwerkern und Gewerbetreibenden, die St. Wendelerinnen oder Mädchen aus unserer Nachbarschaft zur Ehe hatten. So ließ sich im Jahre 1813 der Apotheker Louis Friedrich Riegel aus Affstätt in Württemberg bei uns nieder, der am 30. Januar 1815 die Maria Barbara Zahn aus Tholey heiratete. Seine Nachkommen führten die hiesige Apotheke bis zum Jahre 1897.
Die folgende Zusammenstellung mag ein ungefähres Bild von der Zuwanderung geben, die sich in der französischen Revolution bis zum ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts hier vollzog:
Johann Hönig, Schneider aus Kusel (die Familie flüchtete aus den von den Franzosen niedergebrannten Kusel. Der Magistrat gestattete ihr die Niederlassung in unserer Stadt „in betracht die Stadt Kousel durch die französische Trouppen gäntzlich verherret worden“).
Im 2. Jahr der Republik – Friedrich Eschrich, Oberstadtsekretär aus Straßburg,
8. Jahr der Republik – Philipp Heinrich Kaißling, Nagelschmied aus Kaiserslautern,
8. Jahr der Republik – Georg Schlemmer, Schneider aus Hoppstätten,
9. Jahr der Republik – Matthias Müller, Uhrmacher aus Saarwellingen,
1804 – Anton Reuter, Wollweber aus Adenau
1807 – Nikolaus Marzen, Metzger aus Trier
1810 – Nikolaus Erhard, Schneider aus Schiffweiler
1814 – Michel Leismann, Nagelschmied aus Gonnesweiler
1814 – Johann Vinzenz Homberg, Müller und Becker aus Hornbach
1815 – Peter Joseph Laur, Geber aus St. Ingbert.
1815 – Franz Bruch, Kaufmann aus Zweibrücken
1820 – Franz Zawar (Name geht auf das mhd. Zauwer = Tuchbereiter, der das Tuch wäscht, walkt und auf dem Rahmen trocknet) Leinenweber aus Niederwürzbach
1822 – Joseph Anton Burg, Schweizer aus Garnen
1823 – Johann Blaumayer, Metzger aus Annweiler
1824 – Heinrich Peter Bindhammer, Gendarm aus Grumbach
1825 – Peter Liell Schreiner aus Bernkastel
1825 – Nikolaus Feller, Schreiner aus Blieskastel
1826 - Georg Franz Ecker, Schreiner aus Homburg
1827 - Michael Sommer, Glaser aus Schriesheim
1827 – Jakob Stoll, Tierarzt aus Hoof
1827 – Alex Schmoll, Geometer aus Niederlinxweiler
1828 – Karl Anton Gazzini, Händler aus Tozeno
1832 – Franz Konrad Göbel, Kaufmann aus Sachsenhausen
1834 – Karl Jakob Hohl, Bierbrauer aus Meisenheim
1835 – Valentin Caster, Maurer und Tüncher aus Bernkastel
1838 – Friedrich Neuberger, Metzger aus Eckersweiler
1835 – Nikolaus Josten, Schumacher aus Saarburg bei Trier
1838 - Christoph Fickinger, Schieferdecker aus Bundenbach
1840 – Martin Nitz, Gendarm aus Hygendorf bei Bütow
1849 – Martin Colling, Kappenmacher aus Blieskastel
1850 – Jakob Friederici, Seifensieder aus Bernkastel
1850 – Heinrich Adam Haebel, Seifensieder aus Eisenach
1850 – Wilhelm Sebaldt, Kutscher aus Eckersweiler
1850 –Anton Scherer, Seiler aus Kirn
1852 – Franz Wilhelm Rudolf Stürmer, Schreiner aus Randerath
1853 – Wilhelm Bier, Lehrer aus Thallichtenberg
1855 - Peter Dejon, Bäcker aus Kirrberg
1856 – Franz Müller, Schieferdecker aus Bundenbach
1856 – Nikolaus Quint, Gymnasiallehrer aus Wintrich
1856 – Jakob Britz, Fuhrmann aus Roschberg
1857 – Joachim Friedrich Wilhelm Meihak aus Quatzow bei Schlawe
1858 – Johann Michel Wenneis, Wiesenbaumeister aus Wertheim
1858 – Jakob Brecher, Schreiner aus Aachen
1859 – Paul Caspari, Bäcker aus Hatzenport
1859 – Adam Strube, Steinhauer aus Rotenburg in Hessen
1859 – Karl August Scholz, Taglöhner aus Eckersdorf in Schlesien
1860 – Johann Nikolaus Veit, Arbeiter aus Niederlinxweiler
1860 – Karl Robert Weniger, Schmied aus Goldberg
1860 – Johann Herloch aus Bischofsdhron
1861 – Bernhard Rohr, Bierbrauer aus Otterstadt
1861 – Samül Daniel, Kaufmann aus Merl
1862 – Johann Bexberich, Maurer aus Landstuhl
1863 – Ludwig Dautermann, Sattler aus Gangrehweiler
1863 – Franz Joseph Leierer, Schlosser aus Gerolzhofen in Bayern
1863 – Stephan Maximilian Friedrich Lentze, Pfarrer aus Saarlouis
1863 – Friedolin Braitsch, Strohhutmacher aus Schramberg
1864 – Konrad Müller, Strohhutmacher aus Lauterbach in Württemberg
1864 – Heinrich Westerek, Arbeiter aus Sende bei Gütersloh
1864 – Jakob Altholz, Schlosser aus Maximin bei Koblenz
1865 – Johann Joseph Hofer, Schlosser aus Aachen
1865 – Johann Schlei, Schlosser aus Heimbach
1865 – Georg Matthias Reindorf, Schuster aus Sehl
1865 – August Philipp Stroppel, Sattler aus Sigmaringen
1865 – Adam Bassing, Bäcker aus der Mohrmühle bei Biedesheim
1866 – Friedrich Karl Emil Rudolph Dorbritz, Premierleutnant aus Halle
1867 – Dr. Christian Lummerzheim, Gymnasiallehrer aus Köln
1867 – Friedrich Neuser, Aufseher aus Dietz
1867 – Heinrich Gottfried Schwärtzel, Schmied aus Luxemburg
1867 – Friedrich Schwärtzel, Schlosser aus Pallien
1867 – Friedrich Uhr, Heizer aus Saarbrücken
1870 – Franz Heinrich Brachetti, Schreiner aus Sein
1871 – Jakob Grünewald, Geschäftsmann aus Bacherach
1871 – Christain Louis Wilhelm Savekouls, Sattler aus Dudweiler
1871 – Peter Schappert, Schuster aus Zaubach
1871 – Franz Robert Brachetti, Eisenbahnsattler aus Baumholder
1872 – Christian Karl Rebmann, Schuster aus Kirn
1872 – Christian Schmitt, Lehrer aus Damfloß
1872 – Johann Scherer, Bäcker aus Mertloch
1873 – Dr. Peter Joseph Hoederath, prakt. Arzt aus Overath
1874 – Johann Tröster, Gelbgießer aus Mariahütte bei Nonnweiler
1874 – Nikolaus Schubmehl, Knecht aus Roschberg
Die Familie stammt aus Tirol. Der Name ist auf einen romanischen Ortsnamen
iugum malum = böses, gefährliches Gebirgsjoch zurückzuführen
1874 – Heinrich Reinshagen, Schlosser aus Ottweiler
Familie Reinshagen stammt aus Ziegenhain in Kurhessen. Sie erscheint zürst
im Jahre 1643 zu Ottweiler, wo Johann Nikolaus Reinshagen Waffenschmied
war.
1875 – Peter Wirth, Barbier aus Sienerhöfe
1875 – Peter Gottfrois, Gipser aus Merzig
1876 – Gerhard Lambert Willms, Notariatssekretär aus Linnich
1877 – Karl Albert, Ackerer aus Mettweiler
1878 – Emil Rieck, Eisenbahnbeamter aus Baumholder
1880 – Otto Collet, Bürgermeister aus Rhaunen
1880 – Christian Philipp Lenz, Kaufmann aus Katzenelnbogen
1881 – Matthias Moseler, Bäcker aus Morbach
1881 – Hermann Welsmann, Gymnasiallehrer aus Folle, Gde Hiddingsel, Westfalen
1882 – Jakob Becker, Lehrer aus Welschbach
1883 – Michel Knecht, Gärtner aus Ückendorf
1883 – Johann Ferdinand Wilhelm Friede, Werkmeister aus Frankfurt a.d.Oder
1885 – Dr. Peter Joseph Schubmehl aus Baumholder
1887 – Johann Dickes, Schneider aus Berglangenbach
1888 – Johann Adam Brehm, Bergmann aus Urexweiler
1890 – Johann Eisenhuth, Briefträger aus Reitscheid
1890 – Peter Falk, Schneider aus Merzweiler
1890 – Friedrich Petsch, Schlosser aus Kempfeld
1890 – Franz Stillemunkes, Bergmann aus Urweiler
Die Familie Stillemunkes kam im Jahre 1664 aus Tongern in Brabant nach
Oberlinxweiler. Von dort aus verbreitete sie sich in der ganzen Gegend. Der
Name lautete ursprünglich Stillmund.
1890 – Matthias Britten, Lehrer aus Irsch
1892 – Johann Christian Maul aus Güdingen
1892 – Jakob Wieser, Friseur und Dentist aus Leithof, Gemeinde Potzbach (Pfalz)
1892 – Friedrich Wilhelm Wiemers, Kaufmann aus Niedersaupe im Kreise Meschede
1893 – Jakob Wingertzahn, Schuster aus Niedereisenbach
1893 – Hermann Bonem, Kaufmann aus Neumagen
1895 – Karl Alfred Friedrich, Bürgermeister aus Prüm
1895 – Peter Bahn, Photograph aus Eisen
1897 – Matthias Thelen, Sparkassenkontrolleur aus Hillesheim
1899 – Jakob Peter Krammes, Dachdecker aus Bundenbach
1900 – Jakob Catrein, Lackierer aus Kirnsulzbach
1901 – Jakob Colbus, Gymnasiallehrer aus Großhemmersdorf
1901 – Friedrich Huy, Kaufmann aus Münchwies
Die Familie Houy, früher Huy, auch Huart geschrieben, stammt aus Eupen.
Von dort kam sie um 1660 nach Neunkirchen
1902 – Richard Robert Karl Siegel, techn. Eisenbahnsekretär aus Bartha in Schlesien
1903 – Jakob Federkeil, Lehrer aus Remmesweiler
1904 – Peter Hoff, Religionslehrer aus Neuwied
1904 – Gustav Schmitt, Gymnasiallehrer aus Trier
1904 – Ewald Bleymehl aus Emmeroth (Bernkastel)
1905 – Friedrich Karl Walzinger, Kaufmann aus Ottweiler
Die Familie stammt aus Norköping in Schweden. Der Schneider Johann
Andreas Waltzinger kam auf der Wanderschaft nach Danzig, wo er Handgeld
als Soldat nahm. Er diente zürst bei den Brandenburgern und später bei den
Frankfurter Kreisvölkern. In einem Gefechte bei Kaiserslautern durch den Leib
geschossen, wurde er von Marketendern nach Oberbrunn gebracht. Dort starb
er hochbetagt im Jahre 1720. Sein Enkel, Johann Andreas verzog im Jahre
1735 nach Ottweiler, wo er Schönfärber, Stadtkapitän und Zensor war.
1905 - Joseph Abraham, Kaufmann aus Bruttig
1906 – Dr. Wendel Baltes, prakt. Arzt aus Urweiler
1906 – Johann Lingenau, Schneider aus Heirichsdorf im Kreise Rössel
1906 – Christan Dietrich Mintrup, Gärtner aus Hamm (Westf.)
1906 – Carlo Belsiore Ballerio, Maurer aus Brunello (Como)
1907 – Vinzenz Metzger aus Friedrichsthal
1907 – Joseph Eduard Stier, Kaufmann aus Bremhof in Hessen
1907 – Johann Bouillon – Bergmann aus Bliesen
1908 – Adam Röhrig, Gymnasiallehrer aus Schwanheim
1908 – Otto Schluch, Rechtsanwalt aus Mühlheim a. Rh.
1908 – Heinrich Seibert, Gasthofbesitzer aus Halsdorf bei Kassel
1908 – Alexander Lohmann, Apotheker aus Hagen i. W.
1910 – Franz Xaver Pilzweger, Kutscher aus Pocking, Bez.-A. Griesbach, Bayern
1910 – Hermann Joseph Heuel, Uhrmacher aus Meschede
1911 – Dr. Erich Krämer, Rechtsanwalt aus Altena
1911 – Adam Silbernagel, Kaufmann aus Kieselbach bei Simmern
Von dem namentlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unsere ganze Gegend beherrschenden Auswanderungsfieber, das zahlreiche verarmte Familien nach Amerika, Polen und Ungarn trieb, ist auch unsere Vaterstadt berührt worden. In den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts waren hier die Familie Michel und Nikolaus Blum verarmt. – Ihre Angehörigen stellten die ersten Auswanderer, die aus St. Wendel nach Amerika und Ungarn zogen, Dann wird anfangs des Jahres 1792 eine Familie Wahlen genannt. In schlecht Vermögens-verhältnisse geraten wanderte sie nach Ungarn aus. Und wenn wir in den alten Kirchen-büchern der ungarischen, heute rumänischen Stadt Perjamos die Namen Demuth und Schlick finden, dann dürfen wir ruhig annehmen, daß die Wiege auch dieser Familien einst im Schatten des Wendelsdomes gestanden hat.
Die Fahrten nach Polen und Ungarn dauerten bis anfangs der zwanziger Jahre. Noch im Jahre 1818 sagte der hiesige Schöffenrat, der Feldhüter Gregorius aus Alsfassen sei im Vorjahre „von der Auswanderungssucht befallen worden und nach Russisch-Polen ausgewandert. Jetzt sei er mit seiner Familie verarmt wiedergekommen“.
Auswanderungen größeren Umfangs brachten dann die politischen Verhältnisse der dreißiger Jahre. Auch in den Notjahren 1846 und 1847 wanderten viele aus unserer Vaterstadt nach Nordamerika aus. Fünf Jahre später setzte die Aiswanderungslust wieder ein und führte in den Jahren 1852, 1853 und 1857 zahlreiche Familien nach der neuen Welt sowie in die französischen Industriebetriebe, denen bis zum Anfange der achtziger Jahre eine Reihe von jungen Leuten als Amerikafahrer folgten.
Das Schicksal dieser Auswanderer gestaltete sich nicht immer glänzend. Nur wenige haben es in der neuen Welt zu Reichtum und Ansehen gebracht. Zu ihnen gehört de Kaufmann Eduard Hen, der in den vierziger Jahren ausgewanderte Sohn eines hiesigen Notars. Er führte in Newyork ein großes Spielwarengeschäft, das ihn zum schwerreichen Manne machte. Auch der Porträtmaler Nikolaus Marschall, ein Sohn des hiesigen Tabakfabrikanten Emanül Marschall, brachte es durch seine vornehme Kunst in den Mississippistaaten zu Ruhm und Reichtum. Unser im Jahre 1846 ausgewanderter Landsmann Karl Wendel Heil wurde Schatzmeister der Stadt Madison im Staate Wisconsin. Die Schicksale des im Jahre 1848 nach den Vereinigten Staaten geflüchteten Landgerichtsrates Karl Riotte haben wir bereits an anderer Stelle kennen gelernt. Wie er, so hatte auch mancher andere St. Wendeler den Bürgerkrieg mitgemacht, oder in den kalifornischen Goldgruben sein Glück gesucht, das er nie finden sollte. Gar merkwürdig waren die Schicksale eines St. Wendelers Nikolaus Wassenich, der in den vierziger Jahren nach Amerika ausgewandert war. Als gelernter Küfer fuhr er viele Jahre auf einem Wallfischsegler bis tief in die Südsee und in die arktischen Regionen hinein. Seine Fahrten brachten ihn mit einem Gothaer Christian Heck zusammen, der später dem Mute und der Tatkraft unseres Landmannes in einem Werke: „Die Reise um die Welt“ ein schönes Denkmal setzte.
Vielen St. Wendelern bereitete ihr Landsmann John Ruf, der als Fabrikdirektor in New Haven sich eine angesehene Stellung geschaffen, die neue Heimat. Dort sitzt heute die ganze Kolonie St. Wendeler und hält Freundschaft mit ihrer alten Vaterstadt.
Ein anderer Auswanderer, der Kaufmann Richard Keller, nahm im Jahre 1867 von Bordeaux aus seinen Weg nach den französischen Kolonien am Senegal. Nach und nach zog er eine reihe Anverwandter und sonstiger jungen St. Wendeler nach, die in den Faktoreien vom Basing bis zur Casamance den deutschen Namen zu Ehren brachten. Einer von ihnen, der im Oktober 1880 nach dem Senegal gegangene Kaufmann Heinrich Linxweiler, war lange Jahre deutscher und italienischer Konsul in Rufisque. Drei dieser Afrikafahrer, die Brüder Karl und Max Keller, sowie ihr Vetter Ernst Keller, fielen dem gelben Fieber zum Opfer und ruhen in der heißen afrikanischen Erde. Der letzte der Brüder Keller, der Kaufmann Robert Keller, ging vom Senegal aus, wo er als einer der ersten Europäer eine Faktorei im Königreiche Sin geführt hatte, nach Argentinien. Hier betrieb er längere Zeit eine Schuhfabrik in Messana, einer Vorstadt von Bünos-Aires. Von dort zog er nach dem Süden und gründete 50 Tagesreisen von dem kleinen Hafen Vamarones entfernt bei dem Orte Mala Spina eine Schaffarm. Nach Deutschland zurückgekehrt, starb er am 8. Dezember 1920 zu Frankfurt a. M. Er war wohl der St. Wendeler, der am südlichsten auf unserem Planeten gezeltet hat.