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Wendel Müller aus Grumbach und die Apothekerprüfung 1820

 

Am 11. September 1818 hatte ein älterer Herr namens Wendel Müller das Gesuch gestellt, im heute pfälzischen Grumbach, das damals wie St. Wendel zum Fürstentum Lichtenberg gehörte und damit in Machrys Zuständigkeitsbereich fiel, eine Apotheke errichten zu dürfen. Dr. Machry erhielt am 26. Juni 1819 den Auftrag, Christian Müller auf seine Tauglichkeit als Apotheker zu prüfen. Machry legt darüber am 18. April 1820 einen Bericht ab:

 

?Eine Hohe Landeskommission hatte unter dem 14ten 7ber 1819 No 3463 den Unterschriebenen von Einem Hohen Ministerial-Rescript vom 25ten Juni 1819 in Kenntnis gesetzt, nach welchem dem Herren Christian Müller von Grumbach die Erlaubnis zur Errichtung einer Apotheke sollte gegeben werden, wenn er in einer mit ihm anzustellenden theoretischen und praktischen Prüfung würde bestanden haben. Den 25ten 7ber gab ich von diesem Hohen Rescript dem Herrn Müller Nachricht. Er bath anfangs um einen Aufschub wegen Familienangelegenheiten; später wollte ich den bejahrten Mann wegen des rauhen Winters schonen. Den 21ten März lezthin bestimmte ich ihm nach einigen Vorfragen, den 15ten April zum Examen. Ich legte ihm über allgemeine theoretische Vorkenntnisse in der Chemie und Botanik nach und nach 11 Fragen schriftlich vor, um selbige ebenfalls schriftlich zu beantworten. Sie folgen hier in der Beylage. Ich kann nicht sagen, daß sie gut beantwortet wurden; sie waren zu kurz, und zu schief abgefertigt. Was aber die praktischen Fragen und Handgriffe anbelangt, worüber ich in der hiesigen Apotheke mit ihm eine Uebung vornahm, so muß ich gestehen, daß er hierin Genüge leistete. Ich trüge demnach, ungeachtet der unzulänglichen Beantwortung der theoretischen Fragen, bey einer Hohen Landescommission mit Rücksicht auf sein Alter, seine Lage, und sozusagen selben Besitzstand, darauf an, daß ihm die Errichtung einer Apotheke in Grumbach gestattet werde. Die Apotheke solle unter der vorschriftsmäßigen Bestimmungen errichtet, in Ordnung gehalten werden, er dörfe darin kein Arzneystoff fehlen, welcher in der Series medicaminum, quae in officinis minoram oppidorum postabunt, Berolini 1818, enthalten ist. Außer dieser Series dörfe er aber weiter sich anschaffen, was er für seine Umgebung zweckdienlich erachtet. Er habe für das Disciplinarische der Apotheke sich an die Preussische Medizinal-Verfassung von Dr. Augustin, Berlin 1818, II. Bde 8, und an die Preußische Taxe und das Dispensatorium zu halten.

 

Ihm müsse aber nicht die Note vorenthalten werden, daß theoretische Kenntnisse nicht bloß eine zierliche Zugabe des Apothekers, sondern eine sehr nöthige wäre, und daß man hoffe, der Landesphysicus werde zu seiner Zeit bey einer Umreise sich davon überzeugen, daß Müller das in der Theorie Versäumte noch fleißig werde aufgeholt haben. Ferner wird das in mehreren Gegenden eingeführte Rezeptenbuch, enthaltend eine fortlaufende Abschreibung aller verfertigten aerztlichen Verschreibungen mit Angabe des Datums, des Kranken, des Preisses, und des ordinirenden Arztes, ihm zu halten vorgeschrieben."

 

Dies sind die Fragen, mit denen Dr. Machry den Wendel Müller aus Grumbach prüfte:

 

"1. Was ist eine einfache Wahlverwandtschaft, was eine doppelte?

2. Welche sind die Kennzeichen der sauren, welche der alkalischen Salze? welche aus den sog. 3 Reihen der Natur bilden die ersten, welchen die letzten?

3. Was ist ein Neutral, und was ein Mittelsalz

4. Woraus besteht antimonium audum ? welche Präparate hat man aus antimonium ? wie werden sie verfertigt ? welche jetzt nicht mehr gebräuchlichen hatte man ehedem?

5. Welche Pflanzen nennt man narcotische und woaran erkennt man sie schon gewöhnlich äußerlich, aus welcher, oder welcher Klasse des Sytems (botanischen) sind sie?

6. welches botanische System ist jezt allgemein angenommen, welche charakteristische Kennzeichen bilden dessen Klassen, und wie viele gibt es deren? Welche Systeme hatte man vor dem in Frage stehenden ? von selbigen nur die 2 lezten zu nennen?

7. was nennt man Principium eac bey den Pflanzen ? welche Pflanzen enthalten  es ? welche verlieren es bald, welche behalten es lang?

8. welche Präparate hat man von Quecksilber ? wie wir ein jedes verfertigt und woraus besteht es mithin ? Ist das aegneatum neapolitanum eine chemische, oder mechanische Mischung?

9. wie vielerley Erdarten gibt es ? mit welchen Säuren kommt eine jede in der Natur am meisten vor ? welche Erdart geht nur mit einer einzigen Säure eine Verbindung ein ? welche ist diese Säure? Welche Operation ist das Verglasen der Erden im Feuer ohne irgend einen Zusatz?

10. Wie unterscheidet man Metalle von Erden in Rücksicht des Verhaltens gegen den Finger, das Auge, das Licht, in Rücksicht des Flusses, der Verflüchtigung, und dergleichen.

11. Was muß erst mit einem Metall vorgehen, ehe es sich mit einer Säure verbinden kann ? warum verbinden die reguli metallici sich oft so schwer mit concentrirten Säuren ? welche Metalle sind edle, und welche unedle ? welche für sich, oder mit Zusätzen reducirbar ? welche Zusätze nimmt man gewöhnlich um ein Metall aus seinem Saltze (Kalke) zu reduziren?"

 

Der Apotheker Christian Müller zu Grumbach erhielt am 24. April 1820 sein Patent und wurde am 3. Juni des gleichen Jahres vereidigt.

 

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