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19. Jahrhundert -> 1818 Beschwerde über die Ableitung des Honigborns in Baltersweiler

1818 Beschwerde über die Ableitung des Honigborns in Baltersweiler


(43)
Ableitung des Honigborns
desfallsige Beschwerde der Müller Lion und Werlé
contra
Philipp Jose von Baltersweiler

(44) ad No 107 Bachstaden von Urweiler betreffend

(45) Register 9 No 3

Auszug aus dem Berathschlagunsregister des Stadt= und Schöffenrathes der Herzoglichen S: Cob: S. Oberbürgermeisterey St: Wendel.

Sitzung des Stadt= und Schöffenrathes der Herzoglichen S: Cob: S. Oberbürgermeisterey St: Wendel vom neunten Dezember 1818.

Gegenwärtig waren Herrn:
Hornung, provisorischer Oberbürgermeister, Nicolaus Marschall, Heinrich Riotte, und Eschrich, Stadt=Räthe; Nicolaus Thome, Sebastian Rieffer, Johann Rauber, Christian Rieffer, Heinrich Bill, (46) Jacob Wagner, und Stephan Rauber, Schöffen.

[Auf den Antrag des Jacob Egler von Urweiler (gehört nicht zu der Beschwerde) bis inkl. Seite 47]


(48)
St. Wendel, den 3ten Sept. 1819

Die Herzogl. Oberbürgermeisterey berichtet auf das breve manu erlassene Dekret Herzogl. Landes-Com. vom 20ten v.M. No 3157 die durch Philipp John (heißt Jose und nicht John - Korrektur am Rand) von Baltersweiler angeblich unternommene Wasserableitung betr.

Rückfolgend die Bittschrift

Auf die von den Müllern Peter Lion von Urweiler und Niklas Werle von St. Wendel Hoher Landes-Commission eingereichte Bittschrift, worin diese die Beschwerde führen, daß Jose das Wasser aus dem Hongiborn zur Bewäßerung seiner Wiese über die Todtbach führe, durch dessen Verlust sie nicht gehörig mahlen könnten, habe ich folgende Auskunft erhalten.

Der Honigborn, eine starke Quelle, liegt auf dem Bann Baltersweiler, oberhalb der dasigen Brücke, dieser Gemeinde gegenüber auf dem rechten Ufer der Todtbach, in einer Wiese dem Johann Schubmehl gehörig. Bei trockener Witterung mag das Waßer 1/5tel des Baches ausmachen. In solchen Zeiten, auch jetzt, hat Jose das Waßer (49) nicht genommen, dieses geschieht nur beim Waßerüberfluß Ist letzterer eingetretten, dann führt Jose das Waßer mittelst eines Knadels aus der Wiese des Schubmehls über die Todbach zur Seinigen zur Wäßerung und dieses soll sich dann in dem dortigen Wiesengrund verliehren und somit den Müllern entzogen werden. Gegen diese Art Bewäßerung geschähe nun den Müllern kein Abbruch, und sie würden diese schwerlich finden können. Anderst könnte es seyn, wenn Waßer zum Mahlen mangelt und hierdurch das Allgemeine leiden müßte.

Sollte der vorliegende Gegenstand von Seiten der Müller klagend fortgesetzt werden wollen, so ist er, wie Hohe Landes-Commission bemerkt, zur Competenz der Gerichte genügent, gemäs des Art. 645 des bürgerlichen Gesetzbuchs.

H. S. Oberbürgermeisterey
Hornung

(50)

Wegen des Honigborns, welcher gemäs Bittschrift der Müller Lion und Werle durch Philipp Jose abgeleitet worden seyn soll, hat Schöffe Thome folgende Fragen zu beantworten.

1. Auf welchem Bann liegt der Honigborn. Baltersweiler.

2. In welcher Gegend, Distrikt: In Honigwies, Baltersweiler zur Hälfte gegenüber

3. Wem gehört das Eigenthum des Boden, worin sich die Quelle befindet: Jakob Malter, der sie entweder verkauft oder verhandelt habe, sagt gehören sie dem Joh. Schubmehl von Baltersweiler.

4. In welcher Zeichnung legt sich der Brunnen mit seiner Umgebung dar? Sein früherer Lauf zur Bache, zum Mühlenteich, die jetzige Leitung über die Bach und weiter.

Jose führe nur das Waßer, wenn die Bach keinen Mangel habe über den Kannel. Bei trockener Witterung seye dies auch - auch jetzt - nicht geschehen, dermalen laufe die Quelle in die Bach.

5. Ist der Brunnen so stark, daß sein Verlust den Müllern nachtheilig und in welchem Mas ungefähr.

Die Quelle ist sehr stark und der Verlust den Müllern besonders bei trockener Witterung nachtheilig, er glaube 1/5tel

6. Läuft das Wasser über die Todtenbach durch einen Kannl geleitet nicht wieder in diese Bache und in den Teich.

Da der Wiesengrund worauf der Brunnen geleitet ist, sehr groß seye, so glaube er, daß sich das Wasser verliehre, und nicht wieder in die Bach komme, wenn es bei trockener Witterung übergeleitet werde.

7. Gehören die Wiesen zu beyden Seiten des Baches einem Eigenthümer und wem?

Nein, zur rechten gehöre die Wiese bis zur Bach dem Schubmehl, zur linken dem Jose.

In Trierischen Zeiten hätten die Einwohner von Urweiler das Waßer aus den Brunnen bei trockener Witterung für die Müller in die Bach laufen lassen müßen, und wahrscheinlich auch zu Baltersweiler.

(53)

10. Sept 1819

den Honigborn betr.

Der Herzogliche Oberbürgermeisterey allhier wird auf ihren, über die von Philipp Jose in Baltersweiler unternommene Wasserableitung unterm 3ten d. M. erstatteten Bericht hiermit eröfnet, daß zwar bis jetzt das Unternehmen des Philipp Jose von Baltersweiler ganz ungerechtfertigt erscheint, in dem derselbe zu wesentlichen Nachtheil der ______enden beiden Müller eine Quelle benützt, die nicht einmal auf seinem Eigenthum sich befindet.

Allein, da es doch möglich ist, daß dem Jose ein rechtlicher Titel zur Seite stehet, daß er vielleicht die Benützung dieser Quelle durch Verjährung ode durch besonderen Vertrag mit dem Eigenthümer erworben, so ist es bedenklich hier ohne weiteres mit polizeylchen Verfügungen zu Gunsten der Müller einzuschreiten, ohne nocher den Jose mit seinen Ansprüchen gleichfalls gehört zu haben.

Der Herz. Oberbürgermeisterey wird daher anliegend eine Abschrift von der Vorstgellung der Müller Peter Lyon und des Nikolaus Peter Werle mit (54) der Weisung und dem besonderen Auftrag zugefertiget, hierüber zuvörderst den Jose mit einer schriftlichen Erklärung zu hören und solche alsdan uns berichtlich einzusenden.

St. Wendel den 7ten September 1819

Coburg    
 Sebaldt     Habermann

(55) Abschrift

An die Höchst. H. S. Coburgische Landes Commission in St. Wendel.

Peter Lion und Niklas Werle von Urweiler beschweren sich über die Wegnahme der Wasserleitung zu ihrer Mühle.

Unterzeichnete patentisirte Müller, deren Mühlen an einem und dem nämlichen Wasser gelegen, welches von Balterwiler herunter auf die Gerbhäuser von St. Wendel zufließt, und die Todbach genannt wird, haben die Ehre, bescheinen und darüber einzkommen, daß Philipp Jose von Baltersweiler eine auf der andern Seite dieser Bach dem Dorf Baltersweiler gegenüber, in einer Wiese, welche nicht sein Eigenthum ist, befindliche Quelle, Honigborn genannt, d, wo sie die Bach, welche beide Mühlen treiben soll, durch eine Kandel über diese (56) Bach in seine Wiesen zur Wässerung geleitet hat, wovon nicht mehr in dieselbe Bach zurücklaufenden.

Durch dieses eigenmächtige Verfahren schaden er nicht nur den beiden Reklamanten, sondern auch den Gerberen von St. Wendel, in dem diese Quelle allein im Stande ist, eine starke Mühle zu treiben; dieses wird um so fühlbarer, da wegen Mangel an Wasser bei aller wohlfeilheit der Frucht durch das Brodman gelt uns folgich nichts wohlfeil werden kann. In dem glauben wir, daß nur derjenige, diem die Natur das Wasser zuführt, und so langen über sein Eigenthum (57) fließt, Herr darüber ist, nicht aber derselbe  zum Nachtheil anderer und besonders des öffentlichen Wohles, und dem Eigenthum eines andern, seinem Eigenthum zuführen darf. Sie bitten daher H. Landes Commission, die Wegnahme dieses Kandels, gefälligst zu verordnen.

St. Wendel d. 19ten August 1819

Ehrfurchtsvoll

Peter Lion Nik. Werle

(58)

St. Wendel dem 17ten Sep 1819

Jakob Rammacher Ackerersmann, von Balterweiler erklärte:

Es seye ihm wohl bewußt, daß Philipp Josse von da schon seit 15. Jahren einen Kandel über die Todtbach liegen gehabt und das Wasser aus dem Honigborn hinüber geführt und seine Wiese gewässert habe. Diese Aussage seye er bereit eidlich zu erhärten. Hat nach geschehener Vorlesung unterschrieben.

Jacob Rammacher

Herzogl. S. Oberbürgermeisterey

Hornung.


(59)
St. Wendel den 4ten November 1819

In Gemäsheit Dekrets Herzogl. Landes Commission vom 7ten September d.J. No 3371 erschiene Philipp Jose, Ackersmann von Baltersweiler, welcher, nachdem ihme die Beschwerde der Müller Peter Lyon und Niclas Werle von Urweiler vorgelesen worden war, erklärte: Er habe das Wasser aus dem Honigborn schon über dreisig Jahre ohne die mindeste Störung zu allen Jahreszeiten mittelst eines Kandels über die Baltersweiler Bach geführt und seine Wiese damit bewäßert, woran auch (60) angrenzende Nachbarsleuthe Vortheil hätten.

Im Laufe dieses Jahres habe er aus freyem Willen und aus Gefälligkeit das Wasser in die Bache laufen lassen, wodurch er sich aber sein Recht nicht vergeben habe. Der Brunnen stehe übrigens in Erbbestand woran ihm 1/11 tel eigenthümlich zuständig sey.

Übrigens bestände auch auf seinem bisher ausgeübten Recht.

Hat nach geschehener Vorlesung und erfolgter Genehmigung unterschrieben.

Herzogl. S. Oberbürgermeisterey

Hornung.


Quelle: Stadtarchiv St. Wendel, C 5.38 Regulierung der Flutgräben der Blies und des Todbaches 1818 - 1834

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